Fies, wenn alle anderen glücklich verliebt sind und man selbst allein in der Wohnung sitzt, oder? Und wenn man sich endlich verliebt (mit 52!), dann vernarrt sich der Typ in die jugendlichen Tochter der einzigen (!) Freundin. Da können einem schon mal die Sicherungen durchbrennen und es passiert das eine oder andere Mördchen. Pardon, Unfall.
Worum geht’s? Eine alte Jungfer, die keine sein will
Rein objektiv betrachtet ist es so: Eine 52-jährige Versicherungsangestellte wird zum Stalker und Mörder. Das so zu erzählen, wäre aber nicht Ingrid Noll. Die Autorin brachte mich dazu, mit der Protagonistin mitzufühlen. Rosemarie Hirte hat keinen Mann, keinen Freund, nicht mal Liebschaften. Keine Kinder, keine Familie. Ein abgebrochenes Jurastudium. In ihrer Jugend hat sie sich zweimal verliebt – beide Male ohne happy End. Und dann verliebt sie sich. Und wozu Liebe fähig ist, wissen wir doch alle.
„Ich bin ein weiblicher Spanner! Schoß es mir durch den Kopf.“
Rosemarie Hirte auf S. 26 in „Der Hahn ist tot“ von Ingrid Noll (Diogenes Verlag AG, Zürich)
Über die Morde will ich nichts verraten, nur so viel: Am Schluss ist nicht nur der Hahn tot. Trotz ihrer offensichtlich verbotenen Taten war ich die ganzen 266 Seiten im Team Rosemarie – denn Noll schildert so wunderbar die Ungerechtigkeit, die Frau Hirte empfindet. Ich mag Ingrid Noll. Sie kann einen Mord so klingen lassen, als wäre er entweder echt nötig gewesen oder als wäre er – ups – halt mal passiert.
Dieses Buch ist was für dich, wenn du:
- gerne in Menschen hinein blickst.
- lieber über weniger, dafür gut ausgearbeitete Charaktere liest.
- irgendwie ein Herz für die Einsamen hast. Die, die als letzte ins Sportteam gewählt werden.
Welches Buch von Ingrid Noll kannst du empfehlen?
Ich habe folgendes Taschenbuch gelesen:
Noll, Ingrid: Der Hahn ist tot. Diogenes Verlag AG, Zürich, 1991.
Herkunft: Auf dem Flohmarkt gekauft.
Bild: (c) Susanne