William Finnegan: Barbarentage

Das war eines der Bücher, bei dem ich viele Seiten überblättert habe, zum Ende hin immer mehr. Trotzdem kann man es mal lesen. So richtig empfehlen würde ich es aber nur Leuten, die mit Surfen was am Hut haben.

Worum geht’s? Um Wellen, Wellen, Wellen.

Barbarentage ist Finnegans Autobiografie. Der Bericht startet 1966 in Hawaii, als Finnegan vierzehn ist. Noch mit seinen Eltern verbringt er später eine Zeit in Kalifornien und bricht 1978 mit einem Freund zu einer mehrere Jahre dauernden Surf-Weltreise durch den Südpazifik sowie durch Australien, Asien und Afrika auf. Danach lebt er in San Francisco und Madeira, bevor er schließlich in New York City landet, wo er eine Familie gründet. Die Erzählung endet im Jahr 2015.

Fast überall surft er. Grund für die Weltreise war gar, die perfekte Welle zu finden. Er überlegt lange, welchen Beruf er ergreifen soll – mag er doch die Freiheit so gerne. Schließlich wird er Reporter, auch Kriegsberichterstatter – und natürlich Autor. Für „Barbarentage“ wurde er 2015 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Seitenweise Surferlebnisse

„Selbst wenn man sich nie auf ein solches Brett wagen würde: Mit Finnegan kann man sich dem Rausch des Surfens hingeben, als wäre es der eigene“, schrieb Wiebke Porombka in der Zeit online. Das finde ich nicht. Ich stand noch nie auf einem Surfbrett und jetzt, nachdem ich „Barbarentage“ gelesen habe, fehlt mir weiterhin jeglicher Bezug zu diesem Sport. Das war mein größtes Problem mit dem Buch: William Finnegan beschreibt seitenweise Wellen und Surferlebnisse. Und mich persönlich hat das gar nicht mitgerissen. Am Anfang habe ich mich darauf eingelassen, aber vor allem gegen Ende wollte ich es einfach nicht mehr lesen. Das hat mich nicht interessiert.

„Der Shorebreak war mindestens acht Fuß hoch, aufgewühlt, unerbittlich, der Wind auflandig, nirgends ein Channel in Sicht. Nicht einmal die Senke zwischen den Sandbänken konnte man ausmachen.“

Finnegan, William: Barbarentage (2019), S. 377

„Natürlich profitierte die Brandung im Herbst auch von dem unausweichlichen Vergleich mit dem monatelangen, nebelverhangenen Onshore-Geplätscher, das ein Sommer am Ocean Beach mit sich brachte. Die ersten großen Swells der Saison trafen aber tatsächlich schon im November ein, häufig noch bevor die Sandbänke wirklich bereit waren, sie in surfbare Wellen zu verwandeln.“

Finnegan, William: Barbarentage (2019), S. 382 f.

So schade, dass ich Negatives über das Buch schreibe (und empfinde), denn abgesehen von den Surfpassagen hat es mich berührt. William Finnegan schreibt schön unaufgeregt, selbst wenn er erzählt, dass er Vater wird oder jemand stirbt. Er berichtet vor allem von diesem Zwiespalt, in dem wir doch alle stecken: Wollen wir Freiheit und Abenteuer fern der Gesellschaft – oder fügen wir uns den Strukturen und haben unsere Liebsten um uns? Wollen wir ständig unterwegs sein und Neues kennen lernen oder vielleicht ein bequemeres Leben mit etwas Luxus: immer ausreichend zu essen, ein bequemes Bett und warmes Wasser auf Abruf?

Dieses Buch ist was für dich, wenn du:

  • dich fürs Surfen zumindest ansatzweise interessierst.
  • diesen Zwiespalt zwischen Freiheit und Bequemlichkeit kennst.
  • mit Autobiografien etwas anfangen kannst.

Ich habe folgendes Buch gelesen:
Finnegan, William: Barbarentage. Erschienen bei Suhrkamp Verlag, Berlin, 1. Auflage 2019.

Herkunft:
Neu im Buchhandel gekauft

Als nächstes lese ich: Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach. Kontrastprogramm!

Bild: (c) Susanne – aufgenommen am Bondi Beach in Sydney, 2017

Susanne

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