Bernhard Schlink: Das Wochenende

Das Buch hat mich nicht mitgerissen. Es kommen viele Themen zusammen, unter anderem die RAF und die Re-integration eines ehemaligen Gefängnisinsassen. Sie werden jedoch nur oberflächlich angeschnitten, genauso wie die Personen nicht detailliert ausgearbeitet sind. Manche Leser mögen das, doch meines Erachtens gibt es viel bessere Bücher von Bernhard Schlink als dieses (zum Beispiel Die Frau auf der Treppe).

Worum geht’s? Um einen ehemaligen RAF-Terroristen

Jörg hat mehrere Morde auf dem Gewissen, deretwegen er die letzten zwanzig Jahre inhaftiert war. Am Tag seiner Entlassung, einem Freitag, wird er von seiner Schwester abgeholt. Sie hatte die Idee, mit ihm und mehreren Bekannten ein Wochenende auf dem Land zu verbringen, und hat alles vorbereitet. Sie fahren in ein altes Haus ohne Strom und fließendes Wasser und treffen sich dort mit Bekannten aus der Vergangenheit, die Jörgs Schwester eingeladen hat.

Darunter sind ehemalige Mit-Terroristen ebenso wie sein Anwalt und Freunde. Sie verbringen die Zeit mit Gesprächen, Spaziergängen oder Gedanken an die Vergangenheit und am Sonntag fahren alle wieder nach Hause.

Irgendwie ist es interessant zu sehen, was aus ehemaligen Terroristen geworden ist. Manche sind beruflich erfolgreich, sind quasi zu Säulen des Kapitalismus geworden. Manche begehren noch auf, manche haben die Revolution lang hinter sich gelassen. Ich war auch gespannt, welche Position Jörg zu seiner Vergangenheit einnehmen wird. Die wird aber nur relativ kurz angeschnitten und ist unscharf. Das ganze Buch über wirkt er entweder total verschlossen oder extrem beeinflussbar.

Verkuppeln und Job vermitteln

Was seine Schwester mit diesem Wochenende bezweckt, wird nicht ganz klar. Wohl will sie ihn einerseits mit einer Freundin (ihrer lesbischen Ex-Affäre übrigens) verkuppelt. Andererseits erhofft sie sich, dass jemand der Anwesenden Jörg einen Job anbietet. Gegen Ende mag man vermuten, dass sie das alles unternimmt, weil sie ein schlechtes Gewissen wegen eines Vorfalls vor zwanzig Jahren hat. Aber das bleibt Spekulation.

Dieses Buch ist was für dich, wenn du:

  • dich für das Thema RAF interessierst.
  • dich nicht daran störst, dass dramatische Ereignisse lapidar erzählt werden.
  • es in Ordnung findest, wenn Personen nicht detailliert ausgearbeitet werden, weil du dir lieber deine eigenen Vorstellungen machst.

Ich habe nun sehr viele Bücher aus dem Bücherschrank oder aus dem sozialen Buchladen gelesen. Ich habe sozusagen die Bücher mich finden lassen. Nach „Das Wochenende“ habe ich mich dazu entschlossen, wieder aktiv zu den Büchern zu greifen, die auf meiner Wunschliste stehen. Ab in die Bibliothek und her mit dem guten Zeug!

Ich habe folgendes Buch gelesen:
Schlink, Bernhard: Das Wochenende. Erschienen im Diogenes Verlag, Zürich, 2008.

Herkunft:
Aus dem sozialen Buchladen von Frankenfair in Fürth.

Bild: (c) Susanne – aufgenommen am alten Kanal südlich von Nürnberg, 2016

Susanne

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