Anne Tyler: Mrs. Emersons Hausmeisterin

Dieses Buch von Anne Tyler hat mir besser gefallen als „Launen der Zeit„. Ich mochte neben der Geschichte an sich vor allem die Charaktere. Von einer exzentrischen Mrs. Emerson bis hin zu einer mega entspannten Hausmeisterin ist alles dabei.

Worum geht’s? Um eine große Familie und eine Einzelgängerin

Die Geschichte von „Mrs. Emersons Hausmeisterin“ spielt sich zwischen 1960 und 1970 ab. Mrs. Emerson ist eine ältere Dame, deren Mann vor kurzem gestorben ist. Da ihre sieben Kinder bereits ausgezogen sind, bewohnt sie alleine ein recht großes Haus irgendwo in der US-amerikanischen Provinz. Sie ist exzentrisch, recht egoistisch und vor allem damit beschäftigt, ihren Kindern ein schlechtes Gewissen zu machen. Und sie ist keineswegs dazu fähig, Haus und Haushalt alleine in Schuss zu halten.

Zu Beginn des Buches entlässt Mrs. Emerson ihren Hausmeister und stellt Elizabeth ein. Das ist eine junge Frau, die nach ihrem Schulabschluss vor der Strenge ihrer Eltern und der Enge ihres Heimatorts geflohen ist und sich mit Gelegenheitsjob durchschlägt. Bislang ist sie nie lange irgendwo geblieben und immer weitergezogen. Mit Mrs. Emerson jedoch stimmt die Chemie und Elizabeth bleibt länger. Zumindest bis sie in den Sog der zu emotionalen Krisen neigenden Familie gerät…

Die Kinder von Mrs. Emerson haben eines gemein: Sie haben einen schwierigen Charakter, sind bisweilen psychisch labil oder ziehen sich vor der Welt zurück. Vor manchen muss die Welt beschützt und andere müssten vor sich selbst geschützt werden. Ich bleibe vage, denn ich will natürlich nicht zu viel von der Handlung verraten.

Absolute Gemütsruhe

Die Charaktere sind super ausgearbeitet, vor allem die absolute Gemütsruhe von Elizabeth fand ich schön zu lesen. Manchmal ist es sogar amüsant, wie weltfremd sie beschrieben wird. Im Vergleich zu den anderen Figuren der Handlung wirkt sie noch mal bodenständiger – und man ahnt bald, dass die Familie Emerson solch einen Fixpunkt in ihrem emotionalen Hin und Her gut gebrauchen kann. Ob Elizabeth Lust hat, sich das anzutun, ist eine Frage, die im Verlauf der Geschichte geklärt wird.

Bruch mit Traditionen

Ebenso die Frage, ob es Elizabeth wirklich gelingt, mit den Traditionen ihrer Kleinstadt und den Wertvorstellungen ihrer Eltern zu brechen. Ihr Lebensweg sah eigentlich vor, nach der Schule zu heiraten und eine Familie zu gründen, so wie ihre jüngere Schwester das getan hat. Schafft Elizabeth es, sich abzugrenzen und ihren eigenen Weg zu gehen? Wir sprechen immerhin von 1960 und nicht von 2020.

Schön ist es auch zu lesen, wie sehr dieser Satz auf die Familie Emerson zutrifft: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Jeder Teil der Familie ist für sich genommen seltsam unhandlich. Zusammen ergeben sie jedoch eine Familie – die nicht nur aus Menschen, sondern auch aus dem Zwischenmenschlichen besteht. Es sind die Beziehungen zwischen Menschen, die diese Familie ausmachen.

Dieses Buch ist was für dich, wenn du:

  • darüber nachdenken möchtest, inwiefern du immer deinen eigenen Weg gehst.
  • exzentrische Charaktere magst.
  • in einer Familie das Gute siehst, egal wie unsympathisch ihre einzelnen Mitglieder wirken mögen.

Ich habe folgendes Buch gelesen:
Tyler, Anne: Mrs. Emersons Hausmeisterin. Erschienen im Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1998.

Herkunft:
Aus einem Bücherschrank.

Bild: (c) Susanne – aufgenommen im ehemaligen Café Wohlleben, Nürnberg, 2014

Susanne

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