Lluís Llach: Die Frauen von La Principal

Ein paar Seiten lang dachte ich, das Buch ist super. Dann hat es mich gelangweilt. Dann war es wieder super, danach zog es sich wieder. Was soll ich nur mit dir anfangen, Buch?

Worum geht’s? Um ein Weingut in Katalonien

La Principal ist ein Weingut in einem kleinen Ort in Katalonien, unweit von Barcelona. Das Buch erzählt die Geschichte von drei Generationen von Frauen, die auf diesem Weingut gelebt haben: die erste in den 1890er Jahren, die zweite zu Zeiten des spanischen Bürgerkriegs und die dritte ist 2001 60 Jahre alt. Es handelt sich um Großmutter, Mutter und Tochter, und alle drei heißen Maria.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt, im ersten berichtet Llach von den ersten beiden Marias, es ist eine Familiengeschichte. Der zweite Teil ist eine Art Kriminalroman, er erzählt von einem Inspektor, der einen Mord aufklärt, der mit „La Principal“ in Verbindung steht.

Die Rolle der Frau und andere Themen

Es ist ganz spannend zu sehen, wie die Marias sich im Lauf der Zeit emanzipieren und wie viel schwerer es war, in den 1920er Jahren ein Weingut zu leiten, als Achtzig Jahre später. Aber solche Geschichten hat man schon tausend Mal gelesen. Interessanter sind die anderen Figuren – Bedienstete, Geliebte, Ehemänner, Dorfbewohner. Was das Buch besonders macht, ist LLachs Art zu schreiben. Die Geschichten sind alles andere als geradlinig erzählt. Der Autor springt so oft nach vorn und zurück, dass es stellenweise schwer ist, sich zu erinnern, in welcher Zeit wir jetzt nun wieder sind und wer diese Person ist. Am Anfang hatte ich große Mühe reinzukommen.

Und dann sind da Figuren in der Geschichte, die bauerntheatermäßig gestaltet sind, zum Beispiel die Dienstbotin Úrsula. Sie hat einen Fimmel mit Staubkörnern auf dem Flügel und wird als geistig minderbemittelte, einfache Person mit großem Herzen dargestellt, die slapstickartige Komik ins Buch bringt. Ihre Träume sind als „Märchen“ mitten in der Handlung des Romans platziert, viele Seiten lang kursiv gedruckt, und allein schon deswegen schwer zu lesen.

Möchte mich der Autor verwirren?

Ich habe mich gefragt, ob Llach das mit Absicht macht oder ob ihm die Muße gefehlt hat, die Figuren tiefgründiger zu machen und die Geschichte so zu schreiben, dass ich sie verstehe? Am Anfang des zweiten Teils des Romans bin ich auf einen Abschnitt gestoßen, der mir zeigte, dass ihm voll bewusst war, was er tut. Im Jahr 2001 liest die „letzte“ Maria die Aufzeichnungen ihres Vaters – quasi den ersten Teil des Buchs. Sie tut ihre Meinung darüber kund:

„Also, zuerst habe ich überhaupt nichts kapiert, ständig bin ich mit den Marias und den Epochen durcheinandergekommen und musste zurückblättern, um mich zurechtzufinden. Und kaum hatte ich den Faden wieder, fängst du auf einmal an mit den Märchen und Legenden und wie du sie sonst noch betitelst. Zum Glück hast du eine andere Schrift verwendet, sonst würde man da nicht durchblicken.“

Llach, Luís: Die Frauen von La Principal (2016), S. 251

Also das finde ich ja schon wieder cool – einfach mal den Leser mit Absicht verwirren. Ich habe während des Lesens oft darüber nachgedacht, was der Autor mir sagen will. Ich bin zum Schluss gekommen, dass in mehr als 100 Jahren Weingut mit vielen Menschen und Kriegen eben nicht alles glatt läuft. Und dass Menschen ihre Vergangenheit nicht geradlinig erzählen und jeder eine andere Sicht aufs Geschehene hat. Das ist Llach wunderbar gelungen, ich sehe das Gewusel in alten Gemäuern direkt vor mir. Aber das Buch hat mich einige Anstrengung gekostet, deswegen landet es nicht in meiner Top-Bücher-Kategorie. Aber man kann es durchaus mal lesen.

Dieses Buch ist was für dich, wenn du:

  • es magst, dass der Autor dir mit literarischen Kniffen was erzählen will und nicht nur mit Text.
  • nicht aufgibst, wenn du nicht mehr weißt, wer wer ist.
  • Bezug zu Spanien und/oder Katalonien hast.

Ich habe folgendes Buch gelesen:
Llach, Lluís: Die Frauen von La Principal. Erschienen im Insel Verlag, Berlin, 2. Auflage 2016.

Herkunft:
Im Buchhandel neu gekauft

Bild: (c) Susanne – aufgenommen in den Weinbergen bei Bisserheim, Rheinland-Pfalz, 2018

Susanne

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